Walter Scharwies
„Lulu Brentano – eine ‚curiose‘ Lebensgeschichte erzählt in Briefen“, heißt das vor wenigen Wochen erschienene Buch von Walter Scharwies. Der Autor wird im Rahmen der Sommerlichen Musiktage auf Hof Trages aus dem Buch lesen und eine besondere Persönlichkeit aus der großen Frankfurter Familie vorstellen. In dem Vorwort stellt Professor Wolfgang Bunzel fest: „Herausgekommen ist ein faszinierendes und überaus lesenswertes Buch, das erstmals einen Überblick über die gesamte Biografie Lulus gibt und dabei nicht nur viel Neues zu Tage fördert, sondern auch manches Rätsel auflöst. Und dadurch, dass in die Darstellung Briefe von, an und über die Porträtierte eingeflochten sind, haben die Leserinnen und Leser Gelegenheit, der dargestellten Person ganz nahe zu kommen.“ Einmal mehr zeige sich, so Bunzel weiter, wie interessant und vielschichtig auch die Lebensverläufe der weniger bekannten Brentano-Geschwister seien: „Und natürlich erfährt man nebenher auch wieder Neues über die Schwester Bettine und den Bruder Clemens.“ Sie hieß eigentlich Ludovica, nannte sich selbst Lulu, und führte die Ehenamen Jordis und Des Bordes. Bekannter ist sie als Lulu Brentano. Im Freien Deutschen Hochstift/Frankfurter Goethehaus, in der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin und in weiteren Archiven liegen Autografen, geschrieben vom 10. Lebensjahr (1797) bis wenige Wochen vor ihrem Tod in Würzburg (1854). Sie dokumentieren eine Lebensgeschichte, die ihr Bruder Clemens als „curios“ bezeichnete. Bankiersgattin mit Kontakten in die allerhöchsten Kreise, gute Bekannte der Brüder Grimm, mit 25 Jahren Todessehnsucht, als Witwe erfolgreiche Unternehmerin in Paris, von Eichendorff hoch gelobte Schriftstellerin bilden Merkmale eines bislang wenig beachteten, von Brüchen begleiteten Lebensweges. In Lulu Brentano vereinigen sich erfolgreicher Brentanoscher Kaufmannsgeist und musisches Talent der Mutter La Roche, Schutz und Halt suchende Verbindung zu den Geschwistern und zur eigenen Familie, aber auch auf der Religion ruhendes soziales Engagement zu einer interessanten Persönlichkeit. Walter Scharwies hat ihre großenteils unveröffentlichten Briefe übertragen. Er beschreibt damit ein spannendes Frauenleben von der Napoleonischen Epoche bis hin zur bürgerlichen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts. Zahllose Briefe belegen, dass Lulu besondere Beziehungen zu der Schwester Gunda und deren Ehemann Friedrich Carl von Savigny, Eigentümer von Hof Trages, pflegte. Beide waren enge Vertraute. 1845 erwarb sie das große Hofgut Wasserlos, gelegen in der Pfarrei Alzenau. Dort schloss Lulu Bekanntschaft mit Dr. Franz Hettinger, seinerzeit Kaplan in Alzenau. Hettinger wurde zu einem führenden theologischen Gelehrten. 1853 veröffentlichte Ludovica Freifrau von Des Bordes ihre „Geistlichen Lieder“. Eichendorff stellte diese auf eine Stufe mit den Werken von Annette von Droste-Hülshoff. Im selben Jahr erschien auch der Gedichtband „Kinderlieder“. Walter Scharwies, Regierungsdirektor a. D. und ehem. Bürgermeister, veröffentlichte Bücher und Aufsätze zur Geschichte des Raumes Alzenau/Aschaffenburg. Er ist ferner Beiträger zu den Bänden „Die Brentanos – Eine romantische Familie“ und „Romantik an Rhein und Main“. Seine Forschungen beschäftigen sich mit den Persönlichkeiten auf dem vor den Toren Frankfurts gelegenen Schloss Wasserlos. Lulu Brentano zählt zu den prominenten Schlossherrschaften. Scharwies hat ihre großenteils unveröffentlichten Briefe übertragen.